Das Warten geht weiter: In der blutleeren “Twilight”-Fortsetzung “New Moon” siegt wieder die Vernunft über den Sex. Und das nervt. Dabei hätte aus der Geschichte eines Mädchens (Kristen Stewart), das zwischen zwei Mutanten (Robert Pattinson, Taylor Lautner) hin und her schwankt, durchaus etwas werden können.
Bella hat Kummer. Sie ist unrettbar in den schönen Vampir Edward verliebt, doch weil Vampire nicht altern, wird Edward für immer 17 bleiben und sie ist nun schon 18 Jahre alt und wird bald 20, 35, 60 sein – was soll bloß aus ihrer Liebe werden?
Hinzu kommt, dass es sich bei Edward um einen höchst verantwortungsbewussten Blutsauger handelt. Eines Tages macht er einfach mit ihr Schluss, weil er meint, dass Vampire für Menschen kein angemessener Umgang seien. Männer können grausam sein, tot oder lebendig. Also verschwindet er ohne jede Spur aus ihrem Leben. Bella ist untröstlich. Sie sitzt nur noch in ihrem Sessel, während draußen die Jahreszeiten vergehen, Sommer, Herbst und Winter, ach, wenn sie nur wüsste, wo Edward steckt.
Sie wird es leider nie erfahren und auch die Zuschauer nicht. Denn Edward, das ist die Pointe, taucht in “New Moon” kaum auf. Nur kurz zu Anfang und zum Schluss und zwischendurch als wabernder Geist. Nachdem Edward im ersten Teil der “Twilight”-Saga prominent eingeführt wurde und seinen bis dahin unbekannten Darsteller Robert Pattinson, zum begehrtesten Nachwuchsstar der Filmwelt machte, der durch seine bloße Existenz zuverlässig für Hysterieschübe sorgen kann, dachten Regisseur Chris Weitz und Drehbuchautorin Melissa Rosenberg offenbar, dass man dieses Mal auch gut ohne Edward auskommen könne. Doch da haben sie sich geirrt, ohne Edward, ohne Pattinson ist da nicht mehr viel geblieben. Nur das schlechte Wetter im Norden der Vereinigten Staaten und Bellas dauerhaft verregnetes Gesicht.
Zum Glück gibt es da noch den Indianerjungen Jacob Black. Er trägt unmodisch langes Haar und deutlich zu viele Muskeln, scheint aber ansonsten ein netter Kerl zu sein. Um sich von ihrem Kummer abzulenken, sucht Bella seine Gesellschaft und siehe da, ihre Stimmung hellt auf, mit seinem strahlend weißen Lächeln bringt er ihrem Leben wieder Licht.
Als es beinah so aussieht, als würde sie sich in ihn verlieben, wird der nette Jacob plötzlich mürrisch, schneidet sich die Haare und trägt selbst bei schlechtem Wetter ausschließlich kurze Hosen. Da wundert sich Bella, das sollte sie auch, denn bei Jacob handelt es sich um einen Indianer mit dem seltenen Werwolfgen. Wenn man ihn ärgert, wächst ihm struppiges Fell und er fletscht mit den Zähnen. Erst ein Vampir, dann ein Wolf – Bella sollte sich um ihren Männergeschmack dringend Gedanken machen.
Aus der Geschichte eines Mädchens, das unglücklich verliebt zwischen zwei rivalisierenden Mutanten hin und her schwankt, hätte sich gewiss ein unterhaltsamer Film machen lassen. Nur ist “New Moon” leider kein eigenständiger Film, sondern in erster Linie der zweite Teil einer Tetralogie.
Was bedeutet, dass zu den Problemen, die bereits im ersten Teil aufgeworfen und verschleppt worden sind, ständig neue hinzukommen, die aber unter keinen Umständen gelöst werden dürfen. “New Moon” leidet unter einer besonders ungünstigen Konstellation: zu viele Handlungsstränge, aber zu wenig Handlung.
Gewiss ist er getreu entlang Stephenie Meyers gleichnamigem Roman gefilmt worden, doch was in gedruckter Form vielleicht für Spannung und Anteilnahme sorgen mag, wirkt auf der Leinwand unsagbar zäh. “Beiß sie doch endlich!”, möchte man dem ewig zaudernden Edward zurufen.
“Mach sie doch endlich zu einer von deinesgleichen!”, wie Bella es unablässig verlangt. Doch Edward beißt nicht, er schmollt und verzehrt sich nach einer Liebe, die nicht sein darf. Meine Güte, denkt man, das darf doch alles nicht wahr sein.
Dem Erfolg wird das natürlich überhaupt nicht beeinträchtigen. “New Moon” mag zwar unsagbar blutleer und öde sein, doch die Zielgruppe wird in Massen in die Kinos strömen, weil pseudo-dramatische Liebschaften, die alles zu bedeuten scheinen, aber in der Regel zu nichts führen, für Teenager eine beliebter Zeitvertreib sind – darin erkennen sie sich wieder.
Und da macht es auch nichts, dass manche Kritiker in den Filmen wie auch in den zugrunde liegenden Romanen von Stephenie Meyer mormonisches Gedankengut erkennen, das auf den unseligen Pfad der Enthaltsamkeit führt, lustfeindlich ist und keine Freude macht.
Über die Beeinflussung von Teenagern muss man sich in diesem Fall jedenfalls keine Sorgen machen. Auch wenn die “Twilight”-Saga aus vollem Hals ein Loblied auf die Keuschheit singt, kann man sich sicher sein, dass sich keiner den Text zu Herzen nimmt.
Weshalb das größte Ärgernis des Films vor allem seine stümperhafte Machart ist. Gelang es Regisseurin Catherine Hardwicke im ersten Teil immerhin noch, aus der kopfschrägen Romanvorlage einen rundum stimmigen Film zu basteln, in dem sie die Handlung klug zusammenstrich, so passt in “New Moon” im Grunde nichts mehr, weil Chris Weitz um eine werktreue Verfilmung bemüht ist.
Da wird Bellas depressive Grundhaltung in der ersten Hälfte des Films stur mit trübsinniger Ereignislosigkeit bebildert. Überraschungen werden unpassend in die Erzählung gequetscht und selbst die offensichtlichsten Handlungsverläufe durch gestelzte Dialoge angekündigt, während Fragen, die man schon aus Vernunftgründen stellen müsste, stur übergangen werden.
Warum laufen Jugendliche, die das Werwolfgen haben, selbst bei Regenwetter ohne T-Shirt rum, ohne dass sich jemand im Dorf wundert: “Ist euch nicht kalt?” Haben die keine Mütter, die ihnen sagen: “Junge, zieh dir mal was Warmes an!”
Warum sagen die Vampire aus Edwards Familie, dass das Leben als Vampir ein Leben ohne Seele bedeutet, wenn sich doch gerade Edwards Vampirclan durch besondere Güte, Herzenswärme und Verständnis auszeichnet? Und wenn die netten Vampire insgeheim die besseren Menschen sind, warum weigert sich Edward dann, die nach dem Biss geradezu dürstende Bella zu beißen? Man weiß es nicht, Bella versteht es nicht, es ist ein Jammer.
Noch drei Jahre soll die Ärmste warten, sagt Edward wie ein besorgtes Elternteil, das zu verstehen gibt: Kind, mach doch erst mal eine ordentliche Ausbildung. Und dann auch nur unter einer Bedingung: Vorher muss geheiratet werden. Meine Güte.
Quelle: Welt.de
Comment: Ich dachte mir ich poste es mal.
Liebe Grüße Anil K.
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